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Fabrik für Textilien, Personen arbeiten mit Jeans.
©Canva/idealistock

Neues Lieferkettengesetz für Menschenrechte und Umwelt: Das steckt dahinter

Ein wichtiger Erfolg für den Schutz von Mensch und Umwelt: Am 11. Juni 2021 hat der Bundestag das Deutsche Lieferkettengesetz zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten verabschiedet. Es verpflichtet große deutsche Unternehmen dazu, künftig stärker auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards bei ihren Zulieferern zu achten. Warum wir in Deutschland ein solches Gesetz brauchen, was es bewirken soll und warum es Kritiker*innen zufolge noch immer viele Schwächen aufweist, erfährst du hier.

Ein Gesetz für den Kampf gegen Ausbeutung, Kinder- und Zwangsarbeit 

Menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen sind im 21. Jahrhundert leider noch immer keine Selbstverständlichkeit. Weil soziale Mindeststandards häufig missachtet werden, leben Millionen Menschen auf der ganzen Welt in Armut und Not. Rund 79 Mio. Mädchen und Jungen arbeiten unter ausbeuterischen Bedingungen in Textilfabriken, Kaffeeplantagen oder Steinbrüchen. 25 Mio. Menschen weltweit verrichten Zwangsarbeit.

Als eine der größten Modehandelsnationen der Welt ist auch Deutschland in der Vergangenheit immer wieder negativ aufgefallen. Allein in der Ukraine, Bulgarien, Kroatien und Serbien sind ungefähr 120.000 Arbeiter*innen für deutsche Marken tätig. Das Menschenrecht auf einen existenzsichernden Lohn wurde in allen vier Ländern verletzt.

Denn: Das Prinzip der Freiwilligkeit bei der Kontrolle und Offenlegung von Lieferketten hat bei deutschen Unternehmen bislang kaum funktioniert. Dürfen Unternehmen allein entscheiden, wo und unter welchen Bedingungen ihre Ware produziert wird, entscheidet im Zweifel weiterhin der Preis anstatt Fairness und soziale Verantwortung. Mit dem neuen Lieferkettengesetz soll sich das nun ändern.

Weißes T-Shirt auf Kleiderbügel mit "Made in Bangladesh"-Schild.
©istock/Tero Vesalainen

Was regelt das Lieferkettengesetz?

Ziel des neuen Lieferkettengesetzes ist es, den Schutz grundlegender Menschenrechte zu verbessern und insbesondere das Verbot von Kinderarbeit durchzusetzen. Auch Umweltaspekte werden hierbei berücksichtigt, sofern sie zu Menschenrechtsverletzungen führen oder dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen. Doch was bedeutet das konkret?

Vom Rohstoff bis zum fertigen Endprodukt tragen deutsche Unternehmen für ihre gesamte Lieferkette Verantwortung. Verantwortung dafür, dass sowohl Arbeitsschutz und Menschenrechte als auch Umweltstandards eingehalten werden. Wie sie diesen Sorgfaltspflichten nachkommen, blieb ihnen bislang freigestellt. Ab 2023 sind Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeiter*innen nun verpflichtet, gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstöße bei ihren Zulieferern vorzugehen – auch im Ausland. Das heißt, sie müssen sowohl im eigenen Geschäftsbereich als auch bei unmittelbaren Zulieferern im Ausland:

  • eine Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte verabschieden.
  • Risikoanalysen zur Ermittlung nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte durchführen.
  • ein Risikomanagement und Beschwerdemechanismus für Betroffene einrichten.
  • Transparent öffentlich berichten.

Überprüft wird die Einhaltung dieser Richtlinien vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Bei Verfehlungen drohen Bußgelder von bis zu 2 % des jährlichen Umsatzes sowie der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen.

Noch viel Luft nach oben: Die Schwachstellen des Gesetzes

Auch wenn die Verabschiedung des Lieferkettengesetzes von vielen als dringend notwendiger Paradigmenwechsel bezeichnet wird, weist es Kritiker*innen zufolge an entscheidenden Stellen Schwächen auf. Zum einen, weil Umweltaspekte nur marginal berücksichtigt werden. So brauche es zum Schutz von Klima und Biodiversität eigenständige, umweltbezogene Sorgfaltspflichten.

Ebenfalls in der Kritik steht, dass das Gesetz zu wenige Unternehmen in die Pflicht nimmt. Zur Erinnerung: Ab 2023 werden Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeiter*innen erfasst, ab 2024 dann Unternehmen mit 1.000 Mitarbeiter*innen. Ein großer Kritikpunkt ist weiterhin, dass keine Regelungen zur zivilrechtlichen Haftung und Entschädigung von Opfern von Menschenrechtsverletzungen vorgesehen sind. Das heißt, Betroffene im Ausland haben nicht die Möglichkeit, vor deutschen Gerichten Schadenersatz einzuklagen.

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